Was ist das wichtigste Werkzeug im Biogarten? Ich finde: die Grelinette! Egal wem ich das aber erzähle, ob Laie oder Gelernter, ich ernte oft verständnislose Blicke. «Grelinette? Hä?! Noch nie davon gehört.».

Ja, ich weiss schon. Hierzulande wird noch immer sehr häufig umgegraben, wenn es im Frühling ums Vorbereiten der Beete für die neue Saison geht. Manche durchwühlen ihre Flächen sogar noch im Herbst, sauber abräumen, schön schweizerisch aufgeräumt solls ja sein.
Will man bodenschonender Arbeiten, das heisst mit Rücksicht auf die Bodenorganismen und regenerativ im Sinne von Humus erhaltend sowie auch aufbauend, so verzichtet man jedoch auf diesen schweisstreibenden Arbeitsschritt. In der Permakultur oder auch in der No-Dig-Bewegung wird das schon seit den 80ern so propagiert und praktiziert. Heute arbeiten sowohl biodynamische Gemüsebetriebe als auch Biobetriebe vermehrt ohne grössere Eingriffe in die gewachsene Bodenstruktur.

Was das bodenschonende nutzbar machen der Anbaufläche angeht, erwiesen sich speziell die Französinnen und Franzosen als innovativ. Um 1950 erfand André Grelin nach jahrelangem Tüfteln und Ausprobieren ein Werkzeug, welches es möglich machte, den Boden zu lockern und zu durchlüften ohne ihn dabei umzudrehen. Ein u-förmiges Gerät, mit runden ca. 25 cm langen Zacken, welche bis zum Anschlag in den Boden gedrückt werden, um dann den Rahmen einmal nach vorne und einmal nach hinten zu drücken bzw. zu ziehen. Er nannte das neue Gartengerät «Grelinette» und meldete 1963 für das 5-zahnige Modell ein Patent an.
Anders als die herkömmliche Grabgabel oder der Spaten ist die Grelinette kräfteschonender zu bedienen: zum Hineindrücken der Zacken in die Erde kann man ganz einfach auf den horizontalen Rahmen stehen. Zudem ermöglichen die etwas voneinander entfernt liegenden Griffe eine bessere Nutzung der Hebelkraft, auch dies spart einiges an aufzubringender Energie ein. Da die Zacken der Grelinette zudem sehr schlank und in der Gestalt rund sind – anders als dies bei der Grabgabel der Fall ist – verdichtet man bei der Bearbeitung des Bodens die Erde weniger. Die schlanken runden Zacken imitieren sozusagen die Gänge der Regenwürmer. Sie dienen der Durchlüftung des Bodens. Das Vorpressen und Zurückziehen der Grelinette führt zu einer Lockerung des Bodens, jedoch ohne dabei die Schichtung durcheinander zu bringen. Alle Bodenorganismen bleiben dadurch im für sie günstigen Milieu und können ihre für die Bodenprozesse und damit die Bodengesundheit wertvolle Arbeit weiterhin ungestört verrichten.

Heute gibt es die Grelinette in verschieden grossen oder kleinen Ausgaben. Die bis zu 11-zackigen Modelle ermöglichen dabei ein viel schnelleres Durcharbeiten grosser Flächen kommerziell produzierender Betriebe. Die kleineren 3-zackigen Modelle machen das bodenschonende Arbeiten auch in kleinen Hausgärten möglich.
Möchte man sich mit einer Grelinette das Leben erleichtern, so muss man jedoch nach wie vor etwas auf die Suche gehen, es gibt sie bis heute selbst im wirklich gut sortierten Biogartenbedarf nur selten und wenn dann oftmals nur in kleiner Grösse zu kaufen. Anders sieht es bei französischen Anbietern aus, online wird man hier schneller fündig. Und wer es gerne ursprünglich mag, dem sei die Website https://graines-grelin-grelinette.fr ans Herz gelegt: hier verkaufen die Urgrossenkel von André Grelin bis heute eigens produziertes Saatgut von seltenen bzw. selten gewordenen Sorten sowie das familieneigene Werkzeug, la Grelinette!

Quellen:

https://graines-grelin-grelinette.fr/tout-notre-jardin/grelinette-5-dents/

Wikipedia: Grelinette

Les jumeaux Grelin, derniers grainetiers de Savoie | France Inter