Wer hat sich schon mal gefragt was es eigentlich mit dem «Gärtnern nach dem Mond» auf sich hat? Was genau ist damit gemeint und inwiefern könnte uns der grosse Blasse denn im Garten behilflich sein? Für alle Gwundrigen, Skeptischen und Ahnungslosen gibt es hier.. naja, sagen wir mal den Versuch einer Erklärung.

Die Ausgangslage: Der Mond weist 5 verschiedene Rhythmen auf. Einige dieser Rhythmen, bzw. bestimmte Konstellationen innerhalb dieser Rhythmen beeinflussen die Verteilung der Kräfte in der Natur und bestimmen so günstige bzw. eher ungünstige Zeitpunkte für Arbeiten mit und rund um Pflanzen herum.

Gut. Beginnen wir mit der sich ändernden Sonnenbeleuchtung des Mondes, den Mondphasen. Diese Veränderung von Voll- hin zu Neu- und wieder hin zu Vollmond bezeichnen wir als zunehmender resp. abnehmender Mond. Die Wissenschaft redet bei einem vollendeten Zyklus von einem «synodischen Monat». Bis der Mond in Bezug zur Sonne wieder an gleicher Stelle steht, dauert es ca. 29.5 Tage. Fürs Gärtnern nach dem Mond sind die Mondphasen eher unerheblich, ausser dass man den Neumond für Aussaaten eher weglassen sollte. Soweit so einfach.

Kommen wir also zum «siderischen Monat». Der siderische Monat bezeichnet die Umlaufzeit des Mondes um die Erde, wie der Mond dabei aussieht (leer, voll, halb etc.) ist hier nicht wichtig. Der siderische Monat ist rund 2.2 Tage kürzer als der synodische Monat, er beträgt ca. 27.3 Tage. Die genaue Position des Mondes wird dabei mittels Fixsternen ermittelt. Der siderische Mond bewegt sich auf seinem Umlauf um die Erde an den 12 Regionen des Tierkreises vorbei. Dies sind die Abschnitte am Himmelszelt, in die Astrologen den Nachthimmel schon in der Antike gliederten. Wir kennen die 12 Sternbilder umgangssprachlich als Sternzeichen. Traditionell waren dies regelmässige Abschnitte von je 30° (360/12 = 30).
Dieser Annahme zugrunde liegt ein hypothetisches Kreisen der Sonne um die Erde. In der Realität sieht es natürlich anders aus: Die Erde umkreist, in etwas mehr als 365 Tagen, die Sonne. Stellt man sich das planetare System Erde-Sonne von oben vor, so steht die Sonne vor dem Sternenhintergrund im Auge eines irdischen Betrachters eben nicht still, sondern bewegt sich im Laufe eines Jahres an den verschiedenen Regionen des obengenannten Tierkreises vorbei. In den Aussaattagen von Maria Thun – dem alljährlich neu erscheinenden Standardwerk des biodynamischen Gärtnernden – heisst es: «Der Tierkreis ist das Sternbildband, vor dem der Mond und alle Wandelsterne ihre Bahnen ziehen. Im Vorbeigehen werden Kräfte angeregt, die auf der Erde eine Auswirkung haben».
Okay. Kräfte angeregt? Ja wie denn das? Nun, diese 12 Sternbilder wiederum, werden vier verschiedenen «Elementen» zugeordnet. Der Erde, dem Wasser, dem Feuer oder der Luft. «Erdtage» herrschen, wenn der Mond vor einem Erdzeichen (Stier, Jungfrau, Steinbock) steht, «Wassertage» wenn der Mond vor einem Wasserzeichen (Skorpion, Fisch, Krebs) steht, «Feuertage» wenn der Mond vor einem Feuerzeichen steht (Schütze, Widder, Löwe). An «Lufttagen» steht der Mond vor einem Luftzeichen (Wassermann, Waage, Zwillinge). Auf die Pflanze übersetzt, lässt sich das Element Erde dem Pflanzenteil Wurzel zuordnen. Das Feuer, resp. die Wärme der Frucht, das Wasser dem Blatt und die Luft den Blüten. Wer nun denkt «Hä?!», dem helfe hoffentlich diese Brücke: um ein Blatt zu bilden und zu versorgen, braucht die Pflanze viel Wasser. Um eine Wurzel auszubilden, ist Erde von Nöten und um eine Frucht zu entwickeln, braucht es viel Wärme. Blüten wiederum bildet die Pflanze erdfern, an hellem Ort und in luftiger Höhe. Dementsprechend lassen sich Kulturpflanzen in grundsätzlich vier Gruppen einteilen: es gibt Blattpflanzen, Fruchtpflanzen, Wurzelpflanzen und Blütenpflanzen. Von Blattpflanzen essen wir die Blätter, dazu gehört der Salat zum Beispiel, oder der Krautstiel. Von Fruchtpflanzen essen wir die Frucht: Tomaten, Bohnen, Kürbisse, Okra oder Gurken. Von Wurzelpflanzen wie Rüebli oder Pastinaken essen wir die Wurzeln und von Blütenpflanzen nutzen wir die Blüte, dazu zählt zum Beispiel der Broccoli oder auch Schnittblumen.
Ausgehend von dieser Unterteilung lässt sich einerseits über den Wasserbedarf der Kulturen eine Aussage treffen. Um gute Erträge zu erzielen, brauchen Blatt- und Fruchtgemüse mehr Wasser als Wurzel- und Blütenpflanzen. Andererseits lassen sich Aussaat, Pflegearbeiten (hacken, schneiden, düngen) und Ernte gemäss dieser Einteilung strukturieren: Fruchtpflanzen sät, pflegt und erntet man am besten an Fruchttagen, Wurzelpflanzen entsprechen an Wurzeltagen. Natürlich gibt es Ausnahmen, so zum Beispiel die Blattpflanzen, welche an Blüten- und Fruchttagen geerntet, länger haltbar sind. Oder aber Ölfrüchte wie Raps, Sonnenblume, Lein, welche für Pflegearbeiten die Blütentage bevorzugen und dies mit besserer Ölausbeute verdanken.

Die Bewegung, welche der Mond bei seiner Bahn um die Erde vollzieht, kann auch in Relation zur scheinbaren Bewegung der Sonne am Himmelszelt (Ekliptik) gebracht werden. In dieser Ekliptik-Ebene liegt auch die tatsächliche Umlaufbahn der Erde um die Sonne.
Die beiden Punkte, an denen sich Ekliptik und Umlaufbahn des Mondes um die Erde kreuzen, nennt man Mondknoten. Bewegt sich der Mond auf seiner Bahn von der südlichen auf die nördliche Seite der Ekliptik, spricht man vom aufsteigenden Mondknoten, in umgekehrter Richtung nennt man es den absteigenden Mondknoten. Ein vollständiger Zyklus dauert hier 27.21 Tage. Dieser Mond wird «drakonischer Mond» genannt. Für Gärtnernde ist der Zyklus des drakonischen Mondes insofern relevant, als dass an Mondknoten-Tagen generell die Beine hochgelagert werden dürfen. Die dann vorherrschenden Kräfte werden für Gartenarbeiten nämlich als ungünstig angesehen.

Während der Mond sich um die Erde bewegt, ist er der Erde mal näher und mal ferner. Er «eiert» also ein wenig. Die Extreme dieser Bahn bezeichnet man als Perigäum und Apogäum, als erdnächster Punkt und als erdfernster Punkt. Diesen Rhythmus nennt man den «anomalistischen Monat». Ein vollständiger Zyklus dauert ca. 27.5 Tage. Tage im Apögäum (Mond in Erdferne) werden für Aussaat oder Ernte ebenfalls ausgelassen, auch sie wirken sich ungünstig auf Saatgutkeimung bzw. Lagerfähigkeit von Gemüse, Getreide und Obst aus.

Und schliesslich gib es noch den «tropischen Monat», er ist verantwortlich für das, was beim Gärtnern nach dem Mond der «aufsteigende» und der «absteigende» Mond, bzw. «obsi» und «nidsi» genannt wird. Der tropische Mond bezeichnet die Höhe des Mondes am Himmel. Genaugenommen trifft er eine Aussage zum Winkel der Mondbahn im Verhältnis zum Horizont. Oder, anders gesagt, zur Grösse des Bogens, welcher der Mond in seiner Bahn am Himmel beschreibt. Wird der Mond aufsteigend, so beschreibt er täglich einen etwas grösseren Bogen am Himmel. Seine Aufgangsorte verschieben sich von Südosten nach Nordosten und seine Untergangsorte von Südwesten nach Nordwesten. Im Sternbild Zwilling angekommen, am Höchstpunkt seiner Bahn, wird der Mond wieder «absteigend». Nun beschreibt er allnächtlich einen etwas kleineren Bogen am Himmel, seine Aufgangsorte bewegen sich wieder Richtung Südosten und seine Untergangsorte Richtung Südwesten.
Bestimmte Arbeiten im Garten lassen sich sehr gut nach absteigendem oder aufsteigendem Mond strukturieren. Bei «nidsi» ist die Kraft in der Wurzel, hier spricht man von der «Pflanzzeit», Umtopfen, Auspflanzen und auch das Pikieren von Jungpflänzchen sollte in diese Zeit fallen. Hier lassen sich besonders gut Pflegeschnitte an Pflanzen vornehmen und auch Unkraut wird in dieser Zeit nachhaltiger zurückgedrängt. Bei «obsi» ist der Saftanstieg in den Pflanzen stärker. Die Kraft in der Pflanze befindet sich während dieser Phase in den überirdischen Pflanzenteilen bzw. ziehen nach oben, man spricht daher von der «Wachstumszeit». An diesen Tagen geerntetes Obst bleibt länger saftig und frisch, frisch gemähtes Gras wächst schneller nach, geschlagene Tannenbäume halten ihre Nadeln länger.

So. Das wärs. Und jaja, ich weiss, es ist kompliziert. Wer nun bzw. trotzdem noch mehr zum Sonne-Mond-Erdreigen und ihren wechselseitigen Beziehungen resp. Beeinflussungen wissen möchte, dem/der seien die beiden untenstehenden Quellen ans Herz gelegt (sowie eine ausführliche Recherche zum Thema Kreiseltheorie..).

Quellen:

1.) Matthias K. Thun. Aussaattage 2021. Aussaattage-Verlag Thun&Thun OHG. D-35216 Biedenkopf/Lahn. 2021
2.) Gabriele Andreatta, Kristin Tessmar-Raible. The Still Dark Side of the Moon: Molecular Mechanisms of Lunar-Controlled Rhythms and Clocks. Journal of Molecular Biology, Volume 432, Issue 12,2020, Pages 3525-3546