Grün. Knackig. Frisch. Vitaminreich. Ernte. Fülle. Wachstum. Winter.

Winter?! Wirklich?

Ja, wirklich. Lange galt der Winter den Gärtner:innen als verlorene Jahreszeit. Alles stand still, die Gärtnertätigkeit beschränkte sich aufs Planen und Vorbereiten, aufs Werkzeuge pflegen und aufs Aufräumen des Gartenschuppens. Klar, die tiefen Temperaturen, der teils gefrorene Boden, die manchmal dicke Schneedecke, das wenige Tageslicht und die stehende Nässe verunmöglichen vieles im Garten. Pflanzen und säen fallen weg und auch der Boden wird tunlichst in Ruhe gelassen. Was jedoch bleibt, ist das Ernten.

Rosen-, Palm- und Federkohl recken ihre grün, blau oder violett schimmernden Blätter in die Kälte. Nach dem ersten Frost legen sie sogar nochmals deutlich an Geschmack zu. Grund dafür ist der Zucker, welchen sie als Frostschutz in ihre Blätter einlagern. Ihre Knospen und Blätter lassen sich ab November den ganzen Winter hindurch ernten. Übrigens sind auch diverse Zierkohlarten essbar.
Beim Lauch gilt es zu unterscheiden: Sommer-, resp. Herbstlauch kann bis in den August und in den November hinein geerntet werden, beide sind jedoch nicht frosthart. Nur der im August gepflanzte Winterlauch schlussendlich übersteht auch Minustemperaturen, seine bleichen Stangen verfeinern bis in den März hinein Wintergemüsesuppen.
Sogar frische Salatkreationen lassen sich im winterlichen Garten zusammenstellen, kombiniert mit Äpfeln oder Orangen ergeben sich wahre Delikatessen. Nüsslisalat, Barbarakraut, Winterpostelein und Asiasalate können den Winter über wiederkehrend geschnitten werden. Für sie gilt: nicht die tiefen Temperaturen, sondern die grosse Nässe (zum Beispiel durch eine bleibende Schneedecke) machen ihnen zu schaffen. Sie sollten daher mit einer wind-, wasser- und lichtdurchlässigen Abdeckung geschützt werden, z.B. mit einem kleinen Folientunnel. Zichorien wie Zuckerhut oder Chicorée liefern wichtige Vitamine, Bitter- und Mineralstoffe.
Für Pastinaken und Schwarzwurzeln beginnt ab Oktober, resp. November die Erntezeit. Auch Brokkoli kann man bis in den Dezember hinein ernten. Hat man einmal den Haupttrieb abgeschnitten, so wachsen in den Blattachsen laufend neue Blütentriebe nach. Krautstiel übersteht einen milden Winter im Schweizer Mittelland problemlos draussen. Und Topinambur und Knollenziest schlussendlich lassen sich den ganzen Winter hindurch bis in den März hinein portionenweise ernten.

Natürlich: wer ernten will, muss säen. Ab August schon belegen erste Winterkulturen die Gartenbeete versierter Ganzjahresgärtner:innen. Wintergemüse braucht vorausschauende Planung und bringt Mehrarbeit im – sowieso schon arbeitsintensiven – Spätsommer. Dafür hat der Anbau klare Vorteile: die Kulturen brauchen im Winter keine Pflege, umgehen dank ihres späten Wachstums teilweise Schädlinge wie den Kohlweissling und stehen im Beet weitgehend schneckenfrei.

Nichtsdestotrotz bleibt Wintergemüse eine persönliche Entscheidung. Vielleicht ist die eine oder der andere ja auch ganz froh um «echli Abstand» vom Garten im Winter. Mir persönlich gefällt das ruhige Sein im winterlichen Garten. Stille. Schnee. Eis. Knacken. Nebelschwaden. Rascheln. Schmelzen. Lange lässt das Tageslicht nun auf sich warten, und früh schon wird es wieder dunkel. Und doch: verschlafen gucken einige Kohlröschen unter der wärmenden Schneedecke hervor: guten Morgääähn! smile